Beweisanträge zum „Ausstieg“ des Angeklagten Gerlach
Der einzige Zeuge heute hatte ebenfalls Ausspähnotizen des NSU ausgewertet. Konkret war in einer Norddeutschland-Karte ein Gewerbegebiet im westlichen Mecklenburg markiert, Ermittlungen ergaben u.a. eine dortige Druckerei, die wegen verbotener Nazi-Musik durchsucht worden war.
Es folgten mehrere Beweisanträge der Nebenklage, die sich auf den angeblichen „Ausstieg“ des Angeklagten Gerlach bezogen. Gerlach hatte in der Hauptverhandlung behauptet, er habe sich seit etwa 1999 innerlich von der Nazi-Szene entfernt und sei 2004 endgültig ausgestiegen, sei aber noch zweimal auf Demonstrationen gewesen (vgl. zu seiner Einlassung den Bericht vom 06.06.2013). Die beantragten Beweise werden ergeben, dass diese Angaben nicht stimmen: Gerlach war noch 2002/2003 im inner circle des NS-Multifunktionärs Heise aktiv – einem Kreis, zu dem nur ideologisch gefestigte „Kameraden“ Zutritt hatten –, er nahm an mindestens einer weiteren Neonazi-Demonstration teil, er surfte bis 2011 im Internet auf diversen Neonazi-Seiten, er versandte noch 2011 SMS-Nachrichten mit widerlich rassistischen Inhalten, und er wurde wie selbstverständlich zu einem Konzert der gewalttätigen NS-Organisation „Hammerskins“ in Italien eingeladen. Auf seinem Computer finden sich daneben gelöschte Dateien, die die Comicfigur „Paulchen Panther“ zeigen – die Ermittlung des genauen Löschdatums, das noch unklar ist, wird klären, ob sich hieraus Indizien für eine Kenntnis Gerlachs vom NSU-Bekennervideo ergeben.
Weitere Anträge beziehen sich auf Gespräche des Thorsten Heise mit „Kameraden“, u.a. Tino Brandt. Heise hatte diese Gespräche heimlich aufgezeichnet. U.a. bezeichnet darin Brandt die Kameradschaft Jena als „absolute NS-Kameradschaft“ und äußerte die Annahme, der Verfassungsschutz habe wegen der drei Untergetauchten gedacht, der THS könne so etwas wie der legale Arm einer Terrorbewegung werden. Heise spricht u.a. von „reichlich“ bewaffneten Gruppen im ganzen Bundesgebiet.
Es folgte schließlich eine Präzisierung der Nebenklage zum Beweisantrag, den V-Mann „Tarif“ des Bundesamtes für Verfassungsschutzes zu laden (vgl. den Bericht vom 20.10.2015).
Das Gericht verlas sodann weitere Beschlüsse, mit denen Beweisanträge abgelehnt wurden. Eine nähere Auflistung der abgelehnten Anträge ersparen wir uns an dieser Stelle, da das derzeitige Vorgehen des Gerichtes mit einem Satz zusammengefasst werden kann: alles wird abgelehnt, das Gericht verweigert schlicht die weitere Aufklärung des Sachverhaltes.