Viel Lärm um Nichts – zur Einlassung von Beate Zschäpe
Dass die heute von Zschäpes Verteidiger Grasel verlesene Einlassung, wonach sie mit den Taten des NSU nichts zu tun habe, vollkommen unglaubwürdig und sich daher, wie von ihren „AltverteidigerInnen“ Heer, Stahl und Sturm angekündigt, als „prozessualer Selbstmord“ herausstellen wird, erschließt sich von selbst und wird in den nächsten Wochen noch überdeutlich werden.
Wir wollen uns daher im Wesentlichen auf zwei Aspekte beschränken:
„Die angebliche ‚Entschuldigung‘ für die Taten von Mundlos und Böhnhardt nehme ich nicht an: sie ist eine Frechheit, vor allem, wenn sie dann noch verbunden wird mit der Ansage, keine unserer Fragen zu beantworten.“
Mit diesen Worten hat Gamze Kubaşik, Tochter des vom NSU 2004 in Dortmund ermordeten Mehmet Kubaşik, ihre Reaktion auf Zschäpes Erklärung zusammengefasst. Denn Zschäpes Einlassung – und die Art und Weise, wie Zschäpe und ihre Verteidiger diese eingeleitet haben – ist in mehrfacher Hinsicht eine krasse Grenzüberschreitung und eine Verhöhnung der Opfer.
Zunächst haben Zschäpe und ihre Verteidiger versucht, den Termin für die Einlassung bis zuletzt geheim zu halten, damit möglichst keine Nebenkläger kommen können (vgl. den Blogbeitrag vom 10.11.2015). Dann hat sie heute die Einlassung vor der Verlesung dem Gericht, den anderen Verteidigungen und der Bundesanwaltschaft austeilen lassen, nicht aber den NebenklägerInnen und ihren AnwältInnen. Zudem hat sie mitgeteilt, nicht nur Fragen des Gerichts, sondern auch Fragen der Verteidigung würden beantwortet, Fragen der NebenklägervertreterInnen – und ausdrücklich auch der NebenklägerInnen selbst – dagegen nicht.
Dann lässt Zschäpe eine völlig lebensfremde, konstruierte und in Teilen vor Selbstmitleid nur so triefende Erklärung abgeben, teilt bei jeder überfallenen Bank detailliert das Datum und die Adresse mit, hält es aber bei vielen der Mordopfer nicht einmal für nötig, deren Namen zu nennen. Und am Ende erdreistet sie sich, eine „Entschuldigung“ für ihre „moralische Verantwortung“ abzugeben. Dass dieser erbärmliche Versuch von den NebenklägerInnen zurückgewiesen wird, ist nicht überraschend.
„Wenn alle Brüder schweigen“
Dies gilt umso mehr, als Zschäpe keinerlei Konsequenzen aus dieser von ihr angeblich gefühlten Verantwortung zieht. Denn die NebenklägerInnen wollen natürlich u.a. auch wissen, wer noch in das Netzwerk der NSU eingebunden war, wer den NSU bei seinen Taten unterstützt hat usw. Darauf geht Zschäpe aber in ihrer Einlassung mit praktisch keinem Wort ein.
Sie deckt alle NSU-UnterstützerInnen weiterhin, sagte kein Wort zur Rolle des Angeklagten Eminger, der bis zuletzt zum engsten Umfeld von ihr Mundlos und Böhnhardt zählte, kein Wort zu den zahlreichen Nazis aus dem Umfeld der „Kameradschaft Jena“ und von „Blood and Honour“ Chemnitz, die den Drei beim Untertauchen halfen – und das, obwohl sie natürlich sehr genau Angaben zu diesen machen könnte. Einzige Ausnahmen: Tino Brandt belastet sie als führenden Kopf des Thüringer Heimatschutzes – der ist ja auch inzwischen als V-Mann enttarnt und hat in seiner Aussage im Gericht „die Jenaer“ recht schwer belastet. Und sie teilt mit, Thomas Starke habe den Sprengstoff für die in der Garage in Jena gefundenen Rohrbomben geliefert – das hatte der aber auch selbst bereits bei der Polizei mitgeteilt.
Damit gilt offensichtlich auch für Beate Zschäpe weiterhin der Satz aus dem Treuelied der Waffen-SS, dass „alle Brüder (und Schwestern) schweigen“ – auch wenn sie wortreiche Erklärungen verlesen lassen. Die Verteidigung Wohlleben hat bei der Ankündigung der Einlassung mitgeteilt, Wohlleben sei „seinen Idealen und politischen Überzeugungen treu geblieben und wird dies auch in Zukunft bleiben“. Mit ihrer Einlassung heute hat Zschäpe gezeigt, dass ähnliches auch für sie gilt, dass auch für sie die Verbundenheit zu den „Kameraden“ wichtiger ist als ihre geheuchelte Entschuldigung gegenüber den Opfern der NSU-Taten.