23.11.2016

Mehr zur Ausspähung einer Synagoge in Berlin, und ein weiterer Propaganda-Antrag der Verteidigung Wohlleben

Nachdem auch das Befangenheitsgesuch vom 17.11.2016 wie erwartet als unbegründet abgewiesen wurde, konnte das Gericht auch heute weiterverhandeln. Einziger Zeuge heute war der damalige Vernehmungsbeamte des Berliner Wachschutzpolizisten, der Beate Zschäpe und Mundlos im Mai 2000 beobachtete, wie sie mit zwei weiteren Personen in einem Café direkt neben der Berliner Synagoge in der Rykestraße saßen und sich mit Stadtplänen beschäftigten (zur Aussage des Wachschützers s. den blog vom 26.10.2016). Auch dieser Zeuge konnte sich nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern, bestätigte aber das Wesentliche: Der Wachschützer hatte damals eine sehr plausible Schilderung des Ablaufs wiedergegeben und war sich bei der Identifizierung von Zschäpe und Böhnhardt anhand von Lichtbildern sehr sicher.

Das Gericht hat den Wachschützer selbst für nächste Woche noch einmal geladen, hat also weitere Fragen an ihn. Es will also anscheinend den Hinweisen auf eine Beteiligung Zschäpes an der Ausspähung möglicher Anschlagsziele im Einzelnen nachgehen.

Das Gericht lehnte dann noch zwei weitere Beweisanträge der Nebenklage ab, u.a. zum zwielichtigen Hessischen Verfassungsschützer Temme – zu der Linie des Gerichts, praktisch alle Aufklärungsbemühungen der Nebenklage abzublocken, gibt es nichts Neues zu sagen (vgl. etwa den Beitrag vom 02.06.2016).

Einen weiteren Hoch- oder besser Tiefpunkt setzte erneut die Verteidigung Wohlleben, die schon vor einigen Wochen per Beweisantrag den alten Nazi-Mythos unter Beweis stellen wollte, Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess sei im alliierten Gefängnis in Berlin-Spandau von seinen Wächtern umgebracht worden (vgl. den Beitrag vom 13.10.2016). Heute setzte sie noch eins drauf und beantragte, den Historiker und NPD-Vorstandsmitglied Olaf Rose als Sachverständigen zu vernehmen. Unter Beweis gestellt werden soll der „Friedensflug“ von Hess nach England im Jahr 1941 sowie Einzelheiten zu seiner Verurteilung durch das Nürnberger Kriegsverbrechertribunal. Damit verschiebt sich der Schwerpunkt der Verteidigungsbemühungen einmal mehr in Richtung Nazi-Propaganda im Gerichtssaal.

Der Hauptverhandlungstag morgen wurde abgesetzt, das Verfahren geht weiter am Dienstag, 29.11.2016.