Einlassung Zschäpes unplausibel. Und: beschleunigt das Gericht endlich das Verfahren?
Zunächst wurden heute zwei weitere BKA-Mitarbeiter zu der Einlassung Zschäpes gehört, wonach ihre Wette aus dem Jahr 2005 mit dem Wetteinsatz „200 Videoclips schneiden“ das Herausschneiden von Werbung aus aufgezeichneten Fernsehsendungen meinte und nicht das Vorbereiten von Clips für das NSU-Bekennervideo.
Die beiden bestätigten, was auch bereits ihre Kollegin am Dienstag ausgeführt hatte: Es gibt keinen Hinweis auf ein Gerät, mit dem das Herausschneiden von Werbung in der von Zschäpe beschriebenen Art und Weise geschehen sein kann, insbesondere keinen Festplattenrekorder. Damit ist die Einlassung Zschäpes, die sich an zwei Stellen ausdrücklich auf „unseren Festplattenrekorder” bzw. auf Aufnahmen „auf der Festplatte unseres Rekorders“ bezogen hatte, unplausibel. Auch wenn es bislang keinen zwingenden Beweis dafür gibt, dass Zschäpe an der Produktion des Bekennervideos beteiligt war, darf das Gericht aus einer festgestellten Falschbehauptung in der Erklärung Zschäpes und dem Umstand, dass diese sich weigerte, Fragen hierzu beantworten, durchaus Schlüsse in diese Richtung ziehen.
Rechtsanwalt Grasel hat für nächsten Donnerstag eine weitere Erklärung Zschäpes angekündigt. Ansonsten kündigte der Vorsitzende an, er wolle am 20. und ggf. am 21.12.2016 den Psychiater Henning Saß als Sachverständigen zu Beate Zschäpe hören. Zudem bat er darum, weitere Beweisanträge möglichst in nächster Zeit zu stellen.
Dies führte zu einem Widerspruch der Altverteidiger Zschäpe, die nach einigem Hin und Her erklärten, sie hätten „sachverständige Hilfe“ zum Umgang mit dem Gutachten hinzugeholt, also wohl ein Zweitgutachten in Auftrag gegeben. Die sei aber bis Ende Dezember noch nicht fertig. Es wurde deutlich, dass der Vorsitzende nicht ohne weiteres bereit sein wird, der Verteidigung viel mehr Zeit zur Vorbereitung zu geben. Er sagte die Verhandlungstermine am kommenden Dienstag und Mittwoch ab, „um Zeit für die Vorbereitung der Befragung des Sachverständigen zu geben“ – und das obwohl Rechtsanwalt Stahl erklärt hatte, dies würde ihnen nichts bringen, weil nicht sie, sondern der beauftragte Gutachter mehr Zeit bräuchte.
Die nächsten Wochen werden zeigen, wie ernst es dem Vorsitzenden mit der so angekündigten Beschleunigung der Hauptverhandlung ist.
Die Verteidigung Wohlleben stellte einen weiteren, relativ schlecht begründeten Antrag, den Haftbefehl gegen ihren Mandanten aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen. Dabei stellte sie insbesondere auch auf die schleppende Verhandlungsführung ab. Zudem beantragte die Verteidigung ein Glaubhaftigkeitsgutachten zum Angeklagten Carsten Schultze, der Wohlleben umfangreich belastet. Auch dieser Antrag war mehr schlecht als recht begründet und erweckte eher den Eindruck, die Verteidigung wollte Schultze ein wenig mit Dreck bewerfen und sehen, was hängenbleibt.
Der Senat lehnte wenig überraschend die Propaganda-Anträge der Verteidigung Wohlleben zu Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess (vgl. die Beiträge vom 13.10.2016 und 23.11.2016) ab: Der Senat wolle aus den bei Wohlleben im Jahr 2011 gefundenen Hess-Aufklebern ohnehin keine Rückschlüsse auf dessen Gesinnung zum Tatzeitpunkt 1999/2000 ziehen. Das ist auch gar nicht nötig – denn kurz vor dem Tatzeitraum war Wohlleben ja sogar an Hess-Aufmärschen beteiligt gewesen, was seine damalige Gesinnung viel deutlicher unter Beweis stellt, als es ein 2011 gefundener Aufkleber könnte.
Die Generalbundesanwaltschaft beantragte, den Antrag der Nebenklage Yozgat zur wahrscheinlichen Falschaussage eines Brandenburger Verfassungsschützers (vgl. den Beitrag vom 16.11.2016) abzulehnen – die Nebenklage wird hierauf vermutlich in der kommenden Woche erwidern.
Das Verfahren wird am Donnerstag, 8.12.2016 fortgesetzt.