Archiv des Autors: admin

01.08.2017

Plädoyer der Bundesanwaltschaft, Tag 5: weiter zur Ceska und zu Wohlleben und Schultze

Oberstaatsanwalt Weingarten beendete heute sein Plädoyer zu den Angeklagten Wohlleben und Schultze. Er stellte dar, dass Wohlleben nicht nur im Allgemeinen, sondern auch bei der Beschaffung der Mordwaffe Ceska die zentrale Figur im Jenaer Unterstützerumfeld war, und dass Schultze, wie dieser selbst eingeräumt hat, ebenfalls ganz direkt an der Beschaffung beteiligt war.

Weingarten wandte sich sodann dem sog. Gehilfenvorsatz zu, also dem Nachweis, dass sowohl Wohlleben als auch Schultze es zumindest für ernsthaft möglich hielten, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe mit der Waffe Mordtaten begehen würden. Bei Wohlleben wird dies u.a. dadurch belegt, dass er die nationalsozialistische Einstellung und Gewaltbereitschaft des NSU-Kerntrios kannte, u.a. aus gemeinsamen Diskussionen in der „Kameradschaft Jena“ über für und wider des „bewaffneten Kampfes“, und dass er – entgegen seines Versuchs, sich als „ethnopluralistischer“ Pazifist darzustellen – die genannte nationalsozialistische Einstellung auch teilte. Schultze kannte die etwas älteren Mitglieder des NSU-Kerntrios zwar nicht so gut wie Wohlleben, ihm hatten aber Böhnhardt und Mundlos vor der Waffenübergabe so viele Details über bereits begangene Straftaten (Bombenanschlag in Nürnberg, „Anschießen“ einer Person) berichtet, dass auch er genau wusste, wem er da ein Mordinstrument in Form einer Schalldämpferpistole überbrachte.

Auch diese beiden Angeklagten haben also nach dem – (nur) insoweit Zustimmung verdienenden – Plädoyer der Bundesanwaltschaft mit einer Verurteilung nach Anklage zu rechnen.

Nach der Sommerpause, also am 31.08./01.09., wird sich Weingarten als nächstes den Angeklagten Gerlach und Eminger zuwenden. Es ist zu erwarten, dass das Plädoyer der Bundesanwaltschaft insgesamt noch etwa 3 Verhandlungstage in Anspruch nimmt, die Plädoyers der Nebenklage werden daher voraussichtlich erst Mitte September beginnen.

01.08.2017 Presseerklärung

Presseerklärung von Nebenklagevertretern zum Zwischenstand bei den Plädoyers des GBA

Generalbundesanwalt: „Trio“-These um jeden Preis

Deutungshoheit über den NSU-Komplex um den Preis von Diffamierung und Irreführung

Die Bundesanwaltschaft hat mit ihrem Plädoyer versucht, die Deutungshoheit über den NSU-Komplex zurückzuerlangen. Sie hat sich aber nicht darauf beschränkt, ihre lange überholte „Trio“-These auszubuchstabieren, sondern gleichzeitig all diejenigen diffamiert, die ihre Sichtweise nicht teilen, wie unter anderem Obleute der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse, Journalisten und Nebenklägervertreter. Wer wie diese meint, dass der NSU mehr war als ein abgeschottetes „Trio“ wurde von Dr. Diemer als „Irrlicht“ bezeichnet und entsprechende Äußerungen als „Fliegengesumme“. Weiterlesen

31.07.2017 – Protokoll

Plädoyer der Bundesanwaltschaft 4. Tag: vollständige Mitschrift

Wir wollen noch einmal kurz die Gelegenheit nutzen, um darzustellen, warum wir trotz der erheblichen Arbeit, die damit verbunden ist, das gesamte Plädoyer der Bundesanwaltschaft veröffentlichen.

Seitens der Nebenklage wurde im Laufe des Prozesses immer wieder darauf hingewiesen, dass dieser der Aufgabe der umfassenden Aufklärung des NSU-Konstrukts nicht gerecht wird und dass die Bundesanwaltschaft daran einen ganz entscheidenden Anteil hat: weil sie, der Staatsräson folgend, die Ermittlungen von vornherein auf die These ausgerichtet hat, der NSU sei eine isolierte Dreierzelle gewesen, weil sie alle Hinweise auf ein weiteres Unterstützernetzwerk ignoriert hat, weil sie Beweisanträge der Nebenklage zu diesem Unterstützernetzwerk wie auch zur Rolle der Verfassungsschutzbehörden entschieden bekämpft hat. Dies gipfelte zuletzt in verbalen Entgleisungen der BAW-Vertreter_innen Diemer und Greger, die noch im Plädoyer nichts Besseres zu tun hatten, als engagierte Nebenklägervertreter_innen und ihre Mandant_innen verbal anzugreifen. Weiterlesen

31.07.2017

Plädoyer der Bundesanwaltschaft, Tag 4: Zu Wohlleben und Schultze und zur Mordwaffe Ceska

Für heute war eigentlich das Ende des Plädoyers von Oberstaatsanwältin Greger erwartet worden – diese muss noch zu den fünfzehn brutalen Raubüberfällen des NSU vortragen. Dies wurde aber zunächst verschoben, stattdessen begann Gregers Kollege Weingarten heute sein Plädoyer zu den anderen vier Angeklagten Wohlleben, Schultze, Gerlach und Eminger. Er werde aber vor der Sommerpause nur noch Wohlleben und Schultze und die Beschaffung der Mordwaffe Ceska behandeln können, erst nach der Sommerpause dann Gerlach und Eminger. Er kündigte auch an, alle Angeklagten, unabhängig vom Grad ihrer Aktivität oder der ihrer Verteidiger im Verfahren oder der öffentlichen Aufmerksamkeit, die ihnen gelte, könnten sich derselben Aufmerksamkeit der Bundesanwaltschaft sicher sein – ein Signal an die Angeklagten Gerlach und Eminger. Weiterlesen

27.07.2017 – Protokoll

Plädoyer der Bundesanwaltschaft 3. Tag: vollständige Mitschrift

Wir dokumentieren auf unserem Blog den Inhalt des Plädoyers des GBA vom heutigen Tag, dem 27.07.2017. Dieses wurde – nicht wörtlich, aber so nahe an einem Wortprotokoll wie möglich – von mehreren KollegInnen der Nebenklage, bei denen wir uns hiermit vielmals bedanken, nach bestem Wissen und Gewissen mitgeschrieben. Natürlich kann eine solche Mitschrift keine Richtigkeit oder Vollständigkeit garantieren. Wir denken allerdings, dass keine sinnentstellenden Fehler enthalten sind. Soweit möglich wurden Unklarheiten und Ergänzungen, Anmerkungen und Auslassungen durch eckige Klammern markiert. Wir haben manche Namen abgekürzt, wenn wir der Meinung sind, dass es auf die Identität der benannten ZeugInnen für das Verständnis des Plädoyers nicht ankommt. Weiterlesen

27.07.2017

Plädoyer der Bundesanwaltschaft, Tag 3: Angriff auf die Nebenklage und die Interessen der Opfer

Am dritten Tag des Plädoyers der Bundesanwaltschaft begründete OStA‘in Greger zunächst weiter, dass die Angeklagte Zschäpe wegen mittäterschaftlicher Begehung aller Straftaten des NSU zu bestrafen ist. Dabei wurde sie den von ihr selbst gesteckten Ansprüchen allerdings nur in geringem Umfang gerecht. Zu den politischen Hintergründen der Taten führte sie etwa die Parolen des NSU-Briefes und der verschiedenen Versionen der Bekennervideos auf. „Wir, der NSU werden nicht durch viele Wort auf uns aufmerksam machen, sondern durch Taten. Solange es keine Änderungen in Presse, Politik und Meinungsfreiheit gibt, werden wir unsere Aktionen weiterführen.” hatte es da beispielsweise geheißen. Weil die Linie der GBA aber vorgibt, dass der NSU als isolierte Gruppe praktisch keinen Einflüssen von außen ausgesetzt war, konnte sie die Ideologie der Gruppe, ihre Entstehung und Veränderung nicht vernünftig einordnen. Weiterlesen

26.07.2017 – Protokoll

Plädoyer der Bundesanwaltschaft 2. Tag: vollständige Mitschrift

Wir dokumentieren auf unserem Blog den Inhalt des Plädoyers des GBA vom heutigen Tag, dem 26.07.2017. Dieses wurde – nicht wörtlich, aber so nahe an einem Wortprotokoll wie möglich – von mehreren KollegInnen der Nebenklage, bei denen wir uns hiermit vielmals bedanken, nach bestem Wissen und Gewissen mitgeschrieben. Natürlich kann eine solche Mitschrift keine Richtigkeit oder Vollständigkeit garantieren. Wir denken allerdings, dass keine sinnentstellenden Fehler enthalten sind. Soweit möglich wurden Unklarheiten und Ergänzungen, Anmerkungen und Auslassungen durch eckige Klammern markiert. Wir haben manche Namen abgekürzt, wenn wir der Meinung sind, dass es auf die Identität der benannten ZeugInnen für das Verständnis des Plädoyers nicht ankommt. Weiterlesen

26.07.2017

Plädoyer der Bundesanwaltschaft, 2. Tag – Die Behörde setzt den Versuch der Umdeutung des NSU fort. Und: Dokumentation des Plädoyers wird fortgesetzt.

OStA’in Greger setzte heute ihr Plädoyer fort. Kern ihrer Ausführungen war der kleinteilige Nachweis, dass Beate Zschäpe innerhalb der Dreiergruppe mit Böhnhardt und Mundlos eine so zentrale Rolle spielte, dass sie tatsächlich auch Tatherrschaft hinsichtlich aller Taten des NSU hatte, weil diese ohne ihre Mitwirkung nicht durchführbar gewesen wären. Ihre Mitwirkung bei der Anmietung der Wohnungen, der Aufrechterhaltung des bürgerlichen Scheins gegenüber den Nachbarn, die Beschaffung von SIM-Karten und Telefonen, die Anmietung von Fahrzeugen und ihre Aufgaben in der Zusammenarbeit mit Unterstützern wurden detailliert aufgezählt.

Weiterlesen

25.07.2017 Protokoll

Plädoyer der Bundesanwaltschaft 1. Tag: wir veröffentlichen die vollständige Mitschrift

Wir dokumentieren auf unserem Blog den Inhalt des Plädoyers des GBA vom heutigen Tag, dem 25.07.2017. Dieses wurde – nicht wörtlich, aber so nahe an einem Wortprotokoll wie möglich – von mehreren KollegInnen der Nebenklage, bei denen wir uns hiermit vielmals bedanken, nach bestem Wissen und Gewissen mitgeschrieben. Natürlich kann eine solche Mitschrift keine Richtigkeit oder Vollständigkeit garantieren. Wir denken allerdings, dass keine sinnentstellenden Fehler enthalten sind. Soweit möglich wurden Unklarheiten und Ergänzungen, Anmerkungen und Auslassungen durch eckige Klammern markiert. Wir haben manche Namen abgekürzt, wenn wir der Meinung sind, dass es auf die Identität der benannten ZeugInnen für das Verständnis des Plädoyers nicht ankommt.

Weiterlesen

25.07.2017

Plädoyer der Bundesanwaltschaft: weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Und: vollständige Dokumentation des Plädoyers von heute.

Der heutige Hauptverhandlungstag begann wie erwartet und brachte dann doch relativ überraschend den Beginn des Plädoyers der Bundesanwaltschaft. Der Senat verkündete zunächst seinen Beschluss, dass es weiterhin keine Aufnahme oder sonstige vom Gericht veranlasste Aufzeichnung oder Protokollierung des Plädoyers des GBA geben wird. Die Verteidigung beantragte eine längere Unterbrechung, stellte dann aber keinen Antrag. Offensichtlich scheute die Verteidigung doch vor einem sinnlosen weiteren Befangenheitsantrag zurück und wollte lieber den Vorteil mitnehmen, sich über die Sommerpause auf eine Entgegnung auf die Argumente des GBA vorzubereiten.

Im Anschluss begann zunächst Bundesanwalt Dr. Diemer mit dem Plädoyer und steckte in wenigen Minuten den juristischen und politischen Raum ab, den seine beiden Oberstaatsanwälte beim Bundesgerichtshof, Greger und Weingarten, von ihm für ihre ausführlichen Plädoyers offensichtlich zugewiesen bekommen haben. Weiterlesen