U.a. zum Angeklagten Carsten Schultze
Der Verhandlungstag begann mit dem Gutachten des Psychiaters Prof. Leygraf. Er sollte sich dazu äußern, ob für Carsten Schultze, der zur Tatzeit 19 oder 20 Jahre alt war, noch Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Der Gutachter hatte sich bereits in seinem schriftlichen Vorgutachten hierfür ausgesprochen und bestätigte dies heute im Wesentlichen: das Coming Out von Schultze und sein Rückzug aus der Nazi-Szene zeigten, dass er sich nach den ihm vorgeworfenen Taten erheblich weiter entwickelt habe; dies wiederum spreche dafür, dass er zum Tatzeitpunk noch eher einem Jugendlichen gleichgestanden habe. Der Vorsitzende fragte nach, wies insbesondere darauf hin, dass der Ausstieg Schultzes und die ihm vorgeworfenen Taten zeitlich sehr nah beieinanderlagen.
Aus strafrechtlicher Sicht wäre dennoch die Anwendung von Jugendstrafrecht wenig überraschend – gleichzeitig aber in der konkreten Umsetzung auf einen heute Mitte-Dreißigjährigen nicht einfach: das Gericht wird insoweit den Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts, aber auch die Schwere und den politischen Charakter der Tat, die Schultze eingestanden hat, berücksichtigen müssen. Weiterlesen