07.06.2016

Ein weiterer gescheiterter Vorstoß der Verteidigung Wohlleben – erneute Vernehmung des V-Mannes Tino Brandt

Einziger Zeuge heute war der ehemalige „Thüringer Heimatschutz“-Führer und V-Mann Tino Brandt. Er hatte bereits im Jahr 2014 mehrere Tage in München ausgesagt (vgl. die Berichte vom  15.07.2014, 16.07.2014, 23.09.2014 und 24.09.2014). Er war heute auf Antrag der Verteidigung Wohlleben erneut geladen, um Fragen zur Bezahlung der Mordwaffe Ceska zu beantworten.
Die Verteidigung wollte auf diese Weise Zweifel an der Angabe des Angeklagten Carsten Schultze wecken, er habe das Geld für die Waffe von Ralf Wohlleben erhalten. Wie die Angaben des wahrlich alles andere als glaubwürdigen Brandt hierbei hilfreich sein sollten, dürfte das Geheimnis der Verteidigung bleiben. Und tatsächlich ergab seine Aussage auch nichts Relevantes:

So gab Brandt zwar – erneut – freimütig an, dass er große Geldsummen vom Thüringer Verfassungsschutz erhalten und in die Thüringer Nazi-Strukturen weitergeleitet hatte. Davon sei auch sicher einiges bei Carsten Schultze für dessen „Jugendgruppe“ – also die JN als Jugendorganisation der NPD – angekommen. Mit Waffen aber, so die unglaubhafte Beteuerung Brandts, habe er sich nie beschäftigt, auch sein Umfeld nie.

Damit besteht weiter keinerlei Grund, an der Angabe Schultzes zu zweifeln, wonach Wohlleben mit ihm zusammen die Waffe besorgt hat und auch das Geld dafür zur Verfügung gestellt hat – sicher nicht aus seinen eigenen Finanzen, sondern aus für Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beschafften Spendengeldern.

Zum Abschluss nahm die Generalbundesanwaltschaft zu den Anträgen und Gegenvorstellungen der Nebenklage aus der vergangenen Woche (vgl. den Bericht vom 02.06.2016) Stellung und verteidigte die angegriffenen Beschlüsse des Gerichts. Bundesanwalt Dr. Diemer griff die Nebenklage an, warf ihr vor, die in den Anträgen verwendete Terminologie sei unter „Organen der Rechtspflege“ unangebracht. Erneut warf er „einigen“ NebenklägervertreterInnen vor, sie würden versuchen, vor dem Oberlandesgericht München eine Aufklärung des gesamten NSU-Komplexes zu erzwingen. Insbesondere der Vorwurf mangelnden Aufklärungswillens gegenüber dem Gericht sei unangemessen und „aus fachlicher Sicht grober Unfug“.

Rechtsanwalt Scharmer machte für die Nebenklage erneut deutlich, dass es gerade das Verhalten der Bundesanwaltschaft, insbesondere die frühzeitig festgelegte Position, der NSU sei eine isolierte Gruppe von lediglich drei Personen gewesen, die bis heute verteidigt wird, aber auch die Geheimniskrämerei zu weiteren Ermittlungsverfahren gegen Unterstützer der Gruppe und V-Leute in deren direkten Umfeld ist, die dazu beiträgt, dass die Nebenklage jede sich bietende Chance auf Aufklärung ergreift und ergreifen muss. Für die NebenklägerInnen ist es unter keinem Gesichtspunkt hinnehmbar, dass etwa die Anwesenheit des VS-Mitarbeiters Temme am Tatort in Kassel in diesem Prozess keine weitere Rolle spielen soll, dass Hinweisen auf langjährige Kontakte von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos mit einem V-Mann, der möglicherweise sogar ein Fahrzeug für einen Mord des NSU angemietet hat, gar nicht nachgegangen werden soll, dass ein Versuch der Beweisvernichtung durch Schreddern von V-Mann-Akten im Bundesamt für Verfassungsschutz einfach so hingenommen werden soll. All dies gehört auch in das Münchener Verfahren, weil all dies auf das engste mit den Taten von Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos und den in München angeklagten Unterstützern verknüpft ist.